Es klingt etwas abenteuerlich und sicherlich war seitens des Gesetzgebers die Novellierung von Paragraph 9a des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) nicht von der Intention getrieben Versicherte der privaten Krankenvollversicherung einen verlässlichen Weg zurück in den Schoß der gesetzlichen Krankenkassen zu ebnen. Doch mit der seit Januar 2019 rechtskräftig eingeführten Brückenteilzeit haben Arbeitnehmer die zuvor in die PKV wechselten die Möglichkeit ihr Brutto binnen der Frist eines Jahres unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze von 60.750 Euro (2019) zu drücken ohne Gefahr zu laufen in der Teilzeitfalle gefangen zu sein. Sozusagen eine willkommene Nebenwirkung für so manchen Wechselwilligen.
"Trick Brückenteilzeit" ermöglicht Rückkehr von PKV in Krankenkasse
Der Gesetzgeber hat hohe Hürden für eine Rückkehr von der privaten Krankenversicherung (PKV) in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gesetzt. Möchte er doch der Abwanderung sogenannter „schlechter Risiken“ aus der PKV in die Krankenkassen vorbeugen – die dazu führen könnte, dass gesunde junge Menschen durch günstige Prämien in die private Krankenversicherung gelockt und Menschen mit steigenden Gesundheitsrisiken zur GKV "abgeschoben" werden. Einen zumindest für einige Wechselwillige möglichen Weg der Rückkehr hat nun das Magazin "Focus" aufgezeigt. Möglich wird der Trick durch gesetzliche Einführung der sogenannten "Brückenteilzeit".
Ab Januar 2019: Rechtsanspruch auf "Brückenteilzeit"
Ab Januar 2019 ist er gültig: Ein Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit, auch Brückenteilzeit genannt. Festgeschrieben ist dieser Anspruch in Paragraph 9a des sogenannten Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Und diese Brückenteilzeit sichert den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nun eine neue Planungssicherheit. Denn während nach voriger Rechtslage einzig Anspruch auf unbefristete Teilzeit existierte, jedoch die Rückkehr zur vollen Arbeitszeit nicht garantiert war, muss der Arbeitgeber nun seinen Beschäftigten eine Rückkehr in Vollzeit ermöglichen. Diese Sicherheit brachte das Focus Magazin jetzt auf einen Trick.
Gibt es doch Arbeitnehmer, die bei gutem Einkommen eine private Krankenversicherung abgeschlossen haben und diesen Schritt nun bereuen, zum Beispiel aufgrund steigender Prämien. Jedoch ist die Rückkehr aus der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung nur unter bestimmten, sehr engen Voraussetzungen möglich. Für Angestellte unter dem 55. Lebensjahr zum Beispiel gilt in der Regel: Der Weg zurück ist ein Weg des eigenen Jahres-Bruttoeinkommens unter die sogenannte Jahresarbeitsentgeltgrenze oder auch Versicherungspflichtgrenze. Dem Versicherungsrecht dient die Grenze als Orientierung für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers, für 2019 liegt sie bei einem Jahreseinkommen von 60.750 Euro.
Abhängig Beschäftigte müssen sich bis zu dieser Grenze über die gesetzlichen Krankenversicherung versichern. Sobald der Bruttolohn aber die Pflichtgrenze übersteigt, darf der Arbeitnehmer wählen, ob er weiterhin die gesetzliche Krankenversicherung bevorzugt, oder ob er lieber in die private Krankenversicherung wechseln will. Wird die Grenze allerdings unterschritten, greift wieder die Versicherungspflicht nach Paragraph 5 des fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V). In diesem Fall darf der Beschäftigte wieder in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln.
Ein Weg, der nun durch den Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit besser möglich und planbar ist. Kann doch die Teilzeit gezielt genutzt werden, um die Entgeltgrenze zu unterschreiten. Früher wäre damit ein hohes Risiko verbunden gewesen, denn der Arbeitgeber hätte einer Rückkehr in Vollzeit nicht zustimmen müssen. Der Beschäftigte hätte sich mit seinem Plan somit selber in die "Teilzeitfalle" gesetzt. Nun aber kann eine Brückenzeit von mindestens einem Jahr bis höchstens fünf Jahren unter bestimmten Bedingungen vom Arbeitgeber eingefordert werden. Die Rückkehr ist in diesem Falle einer Inanspruchnahme der „Brückenteilzeit“ dem Arbeitnehmer sicher.
Allerdings, darauf weist das Blatt ebenfalls hin, gibt es einiges zu beachten. Denn keineswegs steht ein solch kalkulierter Weg unter die Entgeltgrenze jedem Arbeitnehmer offen. Voraussetzung für den Rechtsanspruch ist: Das Arbeitsverhältnis besteht länger als sechs Monate. Außerdem muss der Arbeitgeber mehr als 45 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen. Der Arbeitsablauf, die Sicherheit oder die Organisation eines Betriebs dürfen nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
Zumutbarkeitsgrenze: Schnelligkeit könnte entscheiden
Zudem gibt es eine Zumutbarkeitsgrenze, wenn Arbeitgeber zwischen 46 und 200 Arbeitnehmer beschäftigen. Sollen doch Arbeitgeber kleiner Unternehmen nicht in die Situation gebracht werden, durch zu viel Brückenteilzeit der Arbeitnehmer in wirtschaftliche Bedrängnis zu geraten. Aus diesem Grund ist bis zur Zahl von 200 Beschäftigten die Zumutbarkeit durch den Paragraphen genau definiert: Beschäftigt ein Arbeitgeber zum Beispiel zwischen 45 und 60 Beschäftigte, muss er zwar vier Arbeitnehmern den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit genehmigen. Ab dem 5. Arbeitnehmer jedoch darf er die Zustimmung auch verweigern. Beschäftigt ein Arbeitgeber zwischen 195 und 200 Beschäftigte, darf er ab dem 15. Arbeitnehmer die Brückenteilzeit verweigern.
Plant also ein Beschäftigter in einem kleinen Unternehmen seine Brückenteilzeit, ist Eile gefragt. Denn ist man schneller als die Kolleginnen und Kollegen mit seinem Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit, steht die Zumutbarkeit nicht im Wege. Auch sollte jeder sich zunächst erkundigen, wie viele Kolleginnen und Kollegen aktuell schon die Möglichkeit nutzen.
Aber es gibt wichtige Dinge zu beachten, ...
wenn man aus wirtschaftlichen Gründen die Brückenteilzeit nutzen will, um von der PKV in die GKV zurückzuwechseln. Zunächst sollten Beschäftigte bedenken: Grundsätzlich sinken mit dem Gehalt auch die Rentenansprüche, wie der Focus unter Berufung auf Julika Unger, Krankenversicherungsexpertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, ausführt. Außerdem geraten insbesondere ältere Arbeitnehmer in Gefahr, sich mit ihrem Kalkül gründlich zu verrechnen. Grund ist die sogenannte „9/10-Klausel“ als Voraussetzung für eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Hürde 55+
Als erste Hürde gilt: Ab dem Alter von 55 Jahren ist es nahezu unmöglich, zurück in die gesetzliche Krankenkasse zu wechseln. Gesetzliche Grundlage ist Paragraph 6 Abs. 3a des fünften Sozialgesetzbuches. Denn waren Menschen ab 55 in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert und waren sie außerdem mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder hauptberuflich selbstständig, ist ihnen die Rückkehr in die GKV in der Regel verwehrt.
Den Grund dieser gesetzlichen Regel führt ein Papier des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags (WD 9 - 3000 - 060/17) aus: Die strenge Regel gilt dem Schutz der GKV vor der Abwanderung sogenannter „schlechter Risiken“ aus der PKV in die GKV. Könnte es doch ansonsten sein, dass junge Menschen durch günstige Prämien von der GKV in die PKV wechseln, sie aber in „teuren“ Altersjahren mit hohen Gesundheitsrisiken zurückwechseln und dann durch hohe Kosten die GKV zusätzlich belasten.
„9/10-Klausel“ als Kalkulationsrisiko
Als Kalkulationsrisiko aber für eine „Milchmädchenrechnung“ gilt: Man beachte, zu welchem Preis der Krankenversicherungsschutz im Alter zu haben ist. Denn auch für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) hat der Gesetzgeber eine Hürde gesetzt, die sogenannte „9/10-Klausel“. Gesetzliche Grundlage ist Paragraph 5 Abs. 1 Satz 1 Punkt 11 des 5. Sozialgesetzbuches. Demnach wird eine sogenannte „Vorversicherungszeit“ zur Bedingung gemacht für die Pflichtmitgliedschaft und den Anspruch auf die günstige Pflichtversicherung in der KVdR. Die gesetzliche Voraussetzung ist erfüllt, wenn seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Rentenantragstellung mindestens 9/10 der zweiten Hälfte dieses Zeitraums eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bestanden hat.
Für die Kalkulation der Ersparnisse durch einen Wechsel von der PKV in die GKV ist dieser Tatbestand wichtig. Denn: Bei versicherungspflichtigen Rentnern in der KVdR wird als Beitragssatz für die Krankenversicherung der allgemeine Beitragssatz in Höhe von 14,6 Prozent berücksichtigt, diesen tragen jeweils zur Hälfte der Rentenversicherungsträger sowie der versicherungspflichtige Rentner. Zudem wird seit dem 01.01.2019 auch der durch die Kassen erhobene Zusatzbeitrag paritätisch zwischen Rentenversicherungsträger und Rentner aufgeteilt. Teurer hingegen ist die freiwillige Mitgliedschaft in der KVdR, denn in diesem Falle trägt der Rentner die Beiträge allein.
Mehr noch: Bei freiwillig versicherten Rentnern hat die Krankenkasse für die Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, wie eine Info-Broschüre der deutschen Rentenversicherung (DRV) ausführt (R0815-00 DRV). Aus diesem Grund sind neben der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch eine gesetzliche Rente aus dem Ausland, Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit sowie weitere Einkünfte (zum Beispiel aus Vermietung und Verpachtung) beitragspflichtig. Der Versicherungsschutz kann unter diesen Bedingungen schnell teurer werden als ein Verbleib in der PKV – zumal zum einen das Zurück in die PKV mit dem Alter teurer wird, zum anderen durch den Wechsel in die GKV die Altersrückstellungen der privaten Krankenversicherung verloren gehen. Insbesondere Angestellte ab dem mittleren Alter sollten demnach sehr genau durchrechnen, ob sich ein Wechsel von der PKV in die GKV aufgrund der „9/10-Klausel“ wirklich lohnt.
Quelle: versicherungsbote.de, 25.02.19
https://www.versicherungsbote.de/id/4877100/chapter/1/Trick-Brueckenteilzeit-Rueckkehr-von-PKV-in-GKV/
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