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Verbraucherzentralen - fehlende Sachkompetenz erneut in der Kritik

Den Verbraucherzentralen unterlaufen in Finanzfragen mitunter Beratungsfehler. Die Versicherungsvermittler führen das auf eine unzureichende Ausbildung zurück.

Verbraucherzentrale Hessen. Die Verbraucherzentralen haften nicht für ihre Beratungsfehler.
(Foto: dpa)

Frankfurt. Verbraucherzentralen (VZ) gelten als neutrale und erfahrene Ratgeber in Finanzfragen. Daher bezuschusst der Staat die als Verein organisierten Institutionen mit Steuermitteln. Fachleute decken allerdings immer wieder Beratungsfehler und falsche Empfehlungen auf.


So testete eine Volksbank 2011 die Beratung der VZ München. Einer Testkundin wurde empfohlen, ihren Bausparvertrag aufzulösen, obwohl sie in naher Zukunft ein Haus bauen wollte und das im Analysebogen auch so angegeben hatte. 2012, drei Monate nach dem Schuldenschnitt, durch den Anleger mit griechischen Staatsanleihen herbe Verluste erlitten, empfahl Edda Castello von der VZ Hamburg Sparern in der TV-Talkshow „Maybrit Illner“ „festverzinsliche Papiere – alles andere ist mit Risiko verbunden“.


2016 sortierte eine Beratungsdokumentation der VZ Niedersachsen Tarife zur Berufsunfähigkeitsversicherung nach dem Nettobeitrag, obwohl dieser nicht garantiert ist und die Prämienforderung bis zum Bruttobeitrag ansteigen kann. Und 2017 empfahl Michael Herte von der VZ Schleswig-Holstein in den „Kieler Nachrichten“, Auszubildende und Studenten sollten zunächst auf eine Berufsunfähigkeitspolice verzichten – während seine eigene VZ und andere Experten raten, sie wegen steigender Prämien so früh wie möglich abzuschließen.


Die Praktiker führen solche Fehler auf die mangelhafte Qualifikation der VZ-Mitarbeiter zurück. Während sie selbst ihre Versicherungssachkunde gegenüber der Industrie- und Handelskammer (IHK) nachweisen müssen, gilt das für die staatlich geförderten Verbraucherschützer nicht. Eine Zulassung sei nicht nötig, weil die VZ keine Gewinnerzielungsabsicht hätten, so die herrschende Meinung.

„Diese wird nur anzunehmen sein, wenn sie mit den eingenommenen Gebühren dauerhaft Überschüsse erzielen wollen“, erklärt Christina Schröder, Leiterin Wettbewerbsrecht und Versicherungswirtschaft bei der IHK Wiesbaden. „Stattdessen fallen die Verbraucherzentralen unter das Rechtsdienstleistungsgesetz und dürfen ohne Zulassung außergerichtlich beraten“, bestätigt auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV).


Der Potsdamer Versicherungsmakler Frank Dietrich richtete 2017 eine Petition ein, mit der er mehr Qualifikation für die Verbraucherschützer forderte. Diese wurde jedoch vom zuständigen Bundestagsausschuss abgelehnt mit Verweis auf das Aus- und Fortbildungsprogramm des VZBV. Die Teilnahme an regelmäßigen Schulungen sei für VZ-Mitarbeiter verpflichtend. „Dieses über Jahre bewährte System sichert eine effektive und qualitätsorientierte Beratungsstruktur“, heißt es im Ablehnungsbeschluss.


Keine Haftung bei Fehlern

Außerdem beklagen Versicherungsmakler, dass Verbraucherschützer für Fehler nicht haften – im Gegensatz zu ihnen selbst. Zugelassene Vermittler und Berater müssen eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung besitzen. Laut VZBV schließen allerdings auch die Verbraucherschützer mit dem Kunden einen Beratungsvertrag. Damit bestehe „für den Kunden ein Schadensersatzanspruch bei Pflichtverletzungen, zu denen auch Beratungsfehler gehören“, so der VZBV.

In der Praxis fallen falsche Ratschläge selten auf. „Verbraucher bemerken Beratungsfehler oft nicht“, beobachtet Norman Wirth, Anwalt für Versicherungsrecht in Berlin. Für Aussagen in Talkshows und Interviews greift sowieso keine Haftung. Verbraucherzentralen seien dringend notwendig, meint Wirth. „Aber gerade weil sie Missstände im Markt anprangern, sollten sie selbst Vorbild sein.“




(Quelle: handelsblatt.com, www.versicherungsbote.de, 03.12.18)

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