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Können in der PKV zwei Männer Eltern sein?

Aktualisiert: 15. März 2022

Ein Mann möchte ein Kind in seine private Krankenversicherung einschließen, der Vater ist biologisch gesehen sein Lebensgefährte. Ob das Kind versichert werden kann, dieser Frage hatte am Ende das Oberlandesgericht Celle (Az.: U 178/18) zu beantworten.

Eine Entscheidung wie diese ist hoch emotional und wahrscheinlich würden die meisten Menschen aus dem Bauch heraus dem Ansinnen des Mannes nach Einschluss des Kindes in die Versicherung zustimmen. Doch eine solche Entscheidung funktioniert in einem Rechtsstaat nach den Buchstaben des Gesetzes, nicht nach Sym- oder Antipathie.


Foto: pixabay

Die Ausgangslage ist klar, in der privaten Krankenversicherung besteht grundsätzlich die Möglichkeit, ein neugeborenes Kind in den für einen Elternteil bestehenden Vertrag einzubeziehen, wenn die Versicherung zum Zeitpunkt der Geburt mindestens drei Monate besteht. Zudem muss der Aufnahmeantrag innerhalb von zwei Monaten nach der Geburt gestellt werden. Das war in vorliegendem Fall nicht das Problem, den das Oberlandesgericht Celle (U 178/18) zu entscheiden hatte. Die Krux war, dass es bei der Klärung der Versicherungsfrage keine Mutter gab, sondern zwei Väter, allerdings natürlich nur einen biologischen.


Kaliforniens Anerkennung

Der Versicherungsnehmer und Kläger unterhielt seit längerem eine private Krankenversicherung und lebte in gleichgeschlechtlicher Beziehung mit einem Mann, der auch der biologische Vater eines durch Samenspende mit Hilfe einer Leihmutter in den USA zur Welt gebrachten Kindes ist. Der Superior Court of California hatte nach der Geburt den Versicherungsnehmer und dessen Lebensgefährten zu Eltern erklärt.  In der Geburtsurkunde des zuständigen Standesamtes sind der Versicherungsnehmer und dessen Lebensgefährte als Eltern des Kindes ausgewiesen. Als Elternteil wollte der Klagende das Kind nun in seinen Vertrag einschließen. Das PKV-Unternehmen wollte oder konnte die Elternsituation jedoch nicht anerkennen, woraufhin es zum Prozess kam. Das Landgericht gab dem Klagenden recht, woraufhin der Versicherer Einspruch einlegte. Der Fall ging vor das OLG Celle.


Das Urteil

Die Richter in Celle hoben das Urteil der Vorinstanz auf. Der Kläger als Lebensgefährte des biologischen Vaters des Kindes sei auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Superior Court of California und des Inhalts der Geburtsurkunde nicht Elternteil im versicherungsrechtlichen Sinne. Damit kann das Kind nicht in den Versicherungsvertrag einbezogen werden.


Die Anerkennung der Vaterschaft durch den Versicherungsnehmer und dessen Eintragung im Geburtenregister als Mit-Elternteil habe lediglich eine beurkundende Funktion, schreibt das Gericht. Die genannten Aspekte hätten keine rechtsgestaltende Wirkung für das Familienverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Kind.

Der Begriff "Elternteil" müsse laut Senatsentscheidung nach den gesetzlichen Vorschriften des deutschen Rechts zu erfolgen. Wer "Elternteil" ist, bestimme sich nach dem deutschen Abstimmungsrecht, das eine "gleichgeschlechtliche Elternschaft - jedenfalls nach bestehender Gesetzeslage - nicht kenne".


Viele Fragen

Dem Gesetzt nach hätte ein Kind eine Mutter und eine männliche Person als zweiten Elternteil. Das Gericht bestätigte, dass gleichgeschlechtliche Wunscheltern dem Kind eine mit der Elternschaft durch verschiedengeschlechtliche Wunscheltern "sozial gleichwertige Elternschaft" vermitteln könnten, doch dafür wären Anforderungen zu erfüllen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei dafür erforderlich, dass die Elternschaft auf Dauer angelegt und rechtlich etabliert sei. An diesen Voraussetzungen fehle es hier, weil der Versicherungsnehmer und der biologische Vater des Neugeborenen weder verheiratet noch verpartnert gewesen seien.


Der Entscheidung des Superior Court wäre keine Prüfung der Stabilität und Dauerhaftigkeit der Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinem Lebensgefährten vorausgegangen, weswegen die Entscheidung nicht anerkennungsfähig sei. Das hätte zur Folge, dass die hierdurch erfolgte Zuweisung der Elternstellung des Klägers zu dem Kind in Deutschland für die versicherungsrechtliche Fragestellung nicht verbindlich sei. Dieses Ergebnis sei nicht Ausfluss einer "unzeitgemäßen Diskriminierung", sondern Folge der derzeitigen Gesetzeslage.


Das Urteil wirft viele Fragen auf. Wie hätte das Gericht in Kalifornien prüfen sollen, ob die "Elternschaft auf Dauer angelegt" ist und wird ein solcher Sachverhalt auch bei einer heterosexuellen Verbindung geprüft? Wie wäre die Entscheidung ausgefallen, wenn der Mann der biologische Vater gewesen wäre und ist die Frage nach der Biologie (heutzutage) tatsächlich das Entscheidende; das und viele weitere Fragen könnten gestellt werden.


Es ist anzunehmen, dass ähnliche Fälle in Zukunft noch öfter auf die Versicherer in der PKV zukommen, die Anzahl an Abweichungen vom klassischen Beziehungs- und Elternmodell nehmen zu. Es könnte branchenintern darüber gesprochen werden, wie solche Fragestellungen künftig behandelt werden sollten. Im Optimalfall könnte so ein Vorschlag erarbeitet werden, der dem Gesetzgeber als letztlich entscheidende Instanz vorgelegt wird. Die PKV kann durchaus progressiv denken, an dieser Stelle wäre es zum Wohl der Menschen und der Kinder sicher nicht das Schlechteste.




Quelle: be.invalue.de, 13.03.19



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