Viele Schüler und Studenten verzichten auf staatliche Unterstützung – auch, weil sich drei Vorurteile zum BAföG hartnäckig halten. Dabei fällt die Ausbildungsförderung ab Herbst üppiger aus denn je. Das müssen Jugendliche und ihre Eltern wissen. 2
Endlos Pizza ausfahren, schwere Umzugskisten schleppen, bis spät in die Nacht kellnern – für Schüler und Studenten gibt es Alternativen zum anstrengenden Nebenjob. Mit dem Werbeslogan „Einfacher ans Geld“ trommelt dieser Tage das Deutsche Studentenwerk für eine Förderung, die es seit fast 50 Jahren gibt: BAföG. Die gute Nachricht für alle Kinder und ihre Eltern ist: Ab dem Wintersemester 2019/2020 gibt es mehr Geld vom Staat denn je.
Werbung ist dennoch notwendig. Viele wissen gar nicht, dass sie Anspruch auf die Kombination aus staatlichem Zuschuss – also einem Geldgeschenk – und zinslosem Darlehen haben. Im Vorjahr sank die Zahl der BAföG-Empfänger auf den tiefsten Stand seit dem Jahr 2002. Gerade noch 727.000 Schüler und Studenten erhielten eine Zahlung nach Bundesausbildungsförderungsgesetz. Sechs Jahre zuvor waren es noch 979.000. Das ist ein Rückgang um 25 Prozent.
Vor allem drei Gründe werden von jungen Menschen genannt, warum sie auf BAföG verzichten: Der Antrag ist zu kompliziert. Meine Eltern verdienen eh zu viel. Ich will mich nicht ein Leben lang verschulden.
Diese Argumente werden von Generation zu Generation immer weitergetragen. So falsch wie heute waren sie noch nie. Denn um wieder mehr Anhänger für BAföG zu gewinnen, hat Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) die Rahmenbedingungen deutlich verbessert: Eltern dürfen mehr verdienen, die monatliche Fördersumme steigt und die Schulden werden nach 20 Jahren erlassen.
Jeder, der „trotz allen Bemühens nicht in der Lage“ war, das Darlehen zurückzuzahlen, muss es auch nicht. Durch die Erleichterungen, so der Plan des Ministeriums, soll die Zahl der BAföG-Empfänger innerhalb kurzer Zeit um mehr als 100.000 steigen.
Dank der Reform erhalten Empfänger der staatlichen Finanzierung ab Herbst bis zu 118 Euro mehr. Der monatliche Höchstsatz inklusive Zuschlägen zur Kranken- und Pflegeversicherung wurde von 735 Euro auf 853 Euro angehoben. Im Herbst 2020 steigt er noch einmal um acht Euro auf 861 Euro. Unter anderem wurde der Wohnzuschlag von 250 Euro auf 325 Euro erhöht.
Von alleine landet das Geld freilich auch in Zukunft nicht auf dem Konto. Am Anfang steht die Frage, ob ein Schüler oder Student Anspruch auf BAföG hat. Eine feste Grenze für das Einkommen der Eltern existiert nicht. In die Berechnungen gehen unter anderem Freibeträge für die Zahl der Geschwister ein. Zudem spielt ein Rolle, ob die Eltern verheiratet sind oder ob sie getrennt leben. Auch ein mögliches Einkommen oder die Ersparnisse der Schüler oder Studenten werden bei der Klärung berücksichtigt.
BAföG-Rechner im Internet geben eine gute Orientierung. Auf der Internetseite des Bundesbildungsministeriums stehen zudem Rechenbeispiele. Dort findet sich beispielsweise der Fall einer 17-jährigen Berufsfachschülerin namens Alexa, die fern von den Eltern wohnt und zwei jüngere Geschwister hat. Die Mutter ist Hausfrau, der Vater Beamter mit einem Bruttojahreseinkommen von 55.470 Euro. Er zahlt in eine Riester-Rente ein. Alexa ist in der Kranken- und Pflegeversicherung ihrer Eltern mitversichert.
Höhe des Zuschusses hängt von mehreren Faktoren ab
Nach Abzug von Werbungskosten, Sozialbeiträgen, Riester-Rente und Steuern reduziert sich das monatliche Bruttoeinkommen von 4622 Euro des Vaters auf 3074 Euro. Davon werden Grundfreibeträge für die Eltern (1835 Euro) und die beiden Geschwister (jeweils 555 Euro) abgezogen sowie ein zusätzlicher Freibetrag in Höhe von 77 Euro. Am Ende reduziert sich jener Betrag, der vom Höchstsatz für Berufsfachschüler abgezogen werden muss, auf knapp 52 Euro.
Dieser Höchstsatz für Schüler, die mindestens die 10. Klasse einer weiterführenden allgemeinbildenden Schule oder Berufsfachschule besuchen und nicht bei den Eltern wohnen, liegt bei 580 Euro. Für Alexa ergibt sich nach Abzug der 52 Euro ein monatlicher Förderbetrag von 528 Euro. Da sie Schülerin ist, wird dieser Betrag vollständig als Zuschuss gezahlt. Sprich: Sie muss ihn nicht zurückzahlen.
Studenten an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen bekommen grundsätzlich die Hälfte als Zuschuss, die andere Hälfte gibt es als zinsloses Darlehen.
Die 19-jährige Olga, ein anderes Beispiel, bekommt als Studentin 88,50 Euro im Monat als Zuschuss und den gleichen Betrag noch einmal als zinsloses Darlehen. Der vergleichsweise niedrige Betrag liegt daran, dass sowohl Olgas Mutter als auch ihr Vater Geld verdienen – zusammen etwas mehr als 4300 Euro im Monat. Zudem wohnt sie noch bei ihren Eltern.
Wer BAföG haben will, muss die Förderung beim Studentenwerk schriftlich beantragen, in Rheinland-Pfalz direkt bei der Hochschule. Gezahlt wird ab dem Monat, in dem die Ausbildung beginnt, bei Schülern mit Beginn des Unterrichts, bei Studenten mit Beginn der Vorlesungen.
Studenten können sich fünf Jahre Zeit lassen
Ist die Abschlussprüfung bestanden, endet die Förderung. Im ungünstigen Fall können auch der Abbruch der Ausbildung oder mit Erreichen der Förderungshöchstdauer zu einem BAföG-Stopp führen. Die Förderungshöchstdauer entspricht der Regelstudienzeit, die für den jeweiligen Studiengang festgelegt ist.
Das Ende der Ausbildung bedeutet keineswegs, dass nun das Darlehen sofort zurückgezahlt werden muss. Studenten können sich mit der ersten Rate fünf Jahre Zeit lassen, also bis sie sich im Berufsleben etabliert haben und über ein festes Einkommen verfügen. Die monatliche Rate für die Darlehensrückzahlung beträgt 105 Euro, ab April 2020 dann 130 Euro. Drei Monatsraten werden zu einem vierteljährlich fälligen Betrag zusammengefasst.
Weitere Infos rund um die Absicherung für Studenten:
Quelle: Welt.de, 20.09.19
https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/bildung/article199138487/BAfoeG-Regeln-und-Tipps-fuer-die-staatliche-Foerderung.html
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