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LANGZEIT KRANK. UND DANN? 
Übersicht über Leistungen und Abläufe bei längerer Arbeitsunfähigkeit | Hilfestellungen und Anlaufstellen

Schematische Übersicht über die Leistungen und Abläufe bei längerer Arbeitsunfähigkeit am Beispiel eines sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer (mit optionaler privater BU-Versicherung)

 

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Diese Darstellung zeigt, wie gesetzliche und private Absicherungen ineinandergreifen – insbesondere wichtig ist der frühestmögliche Zugang zur BU-Rente ab 6 Monaten, parallel zum Krankengeld.

* Wichtig bei Entgeltfortzahlung:

 

  • Für jede neue Krankheit besteht erneut ein Anspruch auf 6 Wochen, wenn keine Verbindung zur vorherigen AU besteht.

  • Bei Folgeerkrankung zählt das weiter zur ursprünglichen AU.

 

 

 

** Abzüge bei Krankengeld:

 

  • Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (aber keine Krankenversicherung).

 

 

 

*** Wichtig bei privater Berufsunfähigkeitsversicherung:

 

Beim Abschluss:

 

  • Rentenhöhe an Gehalt orientieren (möglichst 70–80 % des Nettoeinkommens); Laufzeit min. bis gesetzl. Renteneintrittsalter; optionale AU-Klausel vereinbaren; Beitragsdynamik / & oder Leistungsdynamik: Erhöhung der BU-Rente während der Laufzeit zum Inflationsausgleich / Ausgleich Kaufkraftverlust

 

Im Leistungsfall:

 

  • Versicherte Tätigkeit = Absicherung des zuletzt ausgeübten Berufs (nicht nur allgemein Erwerbsfähigkeit)

  • Rückwirkende Leistung: Bei späterer Feststellung wird rückwirkend gezahlt (ab BU-Beginn)

  • Verzicht auf abstrakte Verweisung: Keine Verpflichtung, einen anderen Beruf auszuüben

 

 

 

**** Wichtig bei Nahtlosigkeit:

 

  • Der Antrag muss rechtzeitig vor Aussteuerung gestellt werden.

  • Nahtlosigkeitsregelung greift auch, wenn keine Erwerbsfähigkeit mehr besteht, aber noch kein Rentenanspruch durchgesetzt ist.

 

 

***** Wichtig bei Bezug von ALG II / Bürgergeld:

  • Anrechnung / Berücksichtigung aller Einkünfte und Vermögen: Arbeitsentgelt (auch Minijob, Teilzeit), Unterhaltszahlungen; Renten (gesetzliche / private – z.B. BU), Wohn- oder Mieteinnahmen; Bankguthaben, Tagesgeld, Sparbücher; Aktien, Fonds, Kryptowährungen; Verwertungspflichtige Lebensversicherungen, wenn ohne Verlust kündbar ; Eigentum, ungenutzte Immobilien oder Zweitwohnungen; Vermögensverschiebungen kurz vor Antragstellung (→ Rückabwicklung möglich);

  • Freibeträge & Schonvermögen: pauschal 15.000 € pro Person in der Bedarfsgemeinschaft; Altersvorsorge, wenn „nicht verfügbar“ oder „staatlich gefördert“ (z. B. Riester); Ein selbstgenutztes Haus/Wohnung (bis ca. 130 m² für 4 Personen); Karenzzeit beim Vermögen (12 Monate seit 2023): Während dieser Zeit wird Vermögen bis 40.000 € (1. Person) + je 15.000 € für jede weitere nicht geprüft, wenn du vorher nicht im Leistungsbezug warst

  • Mitwirkungspflicht: Du musst alle Informationen und Nachweise offenlegen

 

 

Folgen bei abgelehnter Erwerbsminderungsrente, ohne private BU-Versicherung:

  • ✅ Krankengeld läuft aus → keine gesetzliche Lohnersatzleistung mehr

  • ✅ ALG I läuft nach Bezugsdauer (i. d. R. 6–12 Monate) aus

  • ✅ Keine Erwerbsminderungsrente → wegen Ablehnung oder fehlender Beitragszeiten

  • ❌ Keine BU-Rente möglich → weil keine private Absicherung besteht

  • 👉 Ergebnis: Antrag auf Bürgergeld (SGB II) oder Rückkehr in den Arbeitsmarkt gefordert, selbst bei weiterbestehender Erkrankung

  • 💡 Zusatzbelastung: Ggf. finanzielle Notlage, Existenzrisiko

 

 

Diese Situation zeigt, wie entscheidend private Vorsorge - z.B. in Form einer Berufsunfähigkeitsversicherung - sein kann, insbesondere wenn gesetzliche Leistungen nicht oder nur unzureichend greifen.

 

Wer kann mir im Leistungsfall weiterhelfen? An welche Stellen muss ich mich wenden?

1. Bei Arbeitsunfähigkeit (AU)

Wenn du krank wirst und arbeitsunfähig bist, ist zunächst dein Hausarzt oder Facharzt dein erster Ansprechpartner. Er stellt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus (AU) und leitet sie digital an deine gesetzliche Krankenkasse und den Arbeitgeber weiter (bei GKV).

2. Bei Lohnfortzahlung (ersten 6 Wochen)

In den ersten sechs Wochen der Erkrankung zahlt dir dein Arbeitgeber weiterhin dein volles Gehalt. Du musst dich bei ihm krankmelden und ggf. die AU-Bescheinigung einreichen, falls sie digital nicht ankommt.

3. Ab dem 43. Tag – Krankengeld (gesetzlich Versicherte)

Nach Ablauf der Lohnfortzahlung übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld. Du bleibst in Kontakt mit der Kasse und musst regelmäßig deine AU nachweisen (lückenlos!).
Bei Problemen oder Unsicherheiten helfen dir die Krankenkasse direkt oder Sozialberatungsstellen wie VdK oder SoVD.

4. Krankentagegeld (privat Versicherte)

Wenn du privat krankenversichert bist und eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen hast, meldest du die AU auch deiner PKV. Nach Ablauf der vereinbarten Karenzzeit zahlte sie dir das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld.
Hilfreich ist dabei der Kontakt zum Versicherungsmakler oder zur Versicherung direkt, ggf. über einen spezialisierten Versicherungsberater.

 

 

 

5. Berufsunfähigkeitsrente (privat)

Wenn du längerfristig nicht mehr in deinem bisherigen Beruf arbeiten kannst (meist ab 6 Monaten), kannst du bei vorhandener privater BU-Versicherung eine Berufsunfähigkeitsrente beantragen.
Hierfür zuständig ist die private Versicherung, bei der du den Vertrag abgeschlossen hast.
Der Antrag erfordert oft medizinische Gutachten und eine Berufsbeschreibung. Eine fachkundige Unterstützung kann über Versicherungsmakler, Versicherungsberater oder Fachanwälte für Versicherungsrecht erfolgen.

 

 

 

6. Erwerbsminderungsrente (gesetzlich Versicherte)

Wenn du dauerhaft nicht mehr in der Lage bist, in irgendeinem Beruf mindestens 3 bzw. 6 Stunden täglich zu arbeiten, kannst du eine Erwerbsminderungsrente beantragen.
Dafür ist die Deutsche Rentenversicherung (DRV) zuständig. Der Antrag kann online, telefonisch oder vor Ort gestellt werden. Es folgt eine medizinische Begutachtung.
Für Unterstützung bieten sich DRV-Beratungstermine, Sozialverbände (z. B. VdK, SoVD) oder ein Fachanwalt für Sozialrecht an.

 

 

 

7. Nach Aussteuerung – ALG I nach § 145 SGB III (Nahtlosigkeitsregelung)

Wenn das Krankengeld ausläuft (nach 78 Wochen), kannst du auch bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit Arbeitslosengeld I über die Agentur für Arbeit beantragen.
Das erfolgt nach der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung. Wichtig: rechtzeitig vor Aussteuerung melden.
Beratung und Hilfe bekommst du direkt bei der Agentur für Arbeit, aber auch über Sozialdienste und Sozialverbände.

 

 

 

8. Wenn ALG I endet oder kein Anspruch besteht – Bürgergeld (ALG II)

Falls du keinen Anspruch (mehr) auf ALG I hast oder zu wenig Einkommen hast, kannst du beim Jobcenter Bürgergeld beantragen.
Dort werden Einkommen, Vermögen und Wohnsituation geprüft. Hilfe beim Antrag oder Widerspruch bieten Sozialverbände (VdK, SoVD), Caritas, Diakonie oder Arbeitslosenzentren.

 

 

 

9. Sonstige Ansprechpartner je nach Lage

  • Bei Problemen mit Krankenkassen oder Rentenversicherung: Unabhängige Patientenberatung (UPD)

  • Bei Reha oder beruflichem Wiedereinstieg: DRV oder Agentur für Arbeit (Reha-Abteilung)

  • Bei rechtlichen Auseinandersetzungen: Fachanwalt für Sozialrecht

  • Bei Fragen zu Schwerbehinderung oder Teilhabe: Versorgungsamt oder Integrationsamt

🧑‍⚖️ Sozialrechtliche Beratung & Unterstützung

  • VdK Deutschland (Sozialverband)
    Bietet Hilfe bei Anträgen, Widersprüchen und Klagen zu Krankengeld, Erwerbsminderungsrente, Pflegegrad, Schwerbehinderung, Bürgergeld etc.
    ➤ Voraussetzung: Mitgliedschaft erforderlich
    www.vdk.de

  • SoVD (Sozialverband Deutschland)
    Ähnlich wie der VdK – ebenfalls Unterstützung bei Sozialleistungen, Rentenfragen und Widersprüchen
    www.sovd.de

  • Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)
    Kostenfreie, neutrale Beratung zu Krankenkassen, Behandlungen, Patientenrechten
    Tel: 0800 011 77 22
    www.patientenberatung.de

  • Fachanwalt für Sozialrecht
    Wenn es um komplexe Fälle oder Klagen vor dem Sozialgericht geht – z. B. bei abgelehnter EM-Rente oder Streit mit Jobcenter/Krankenkasse.
    ➤ Fachanwaltssuche über: www.anwalt.de oder www.brak.de

 

💼 Behörden & Institutionen

  • Agentur für Arbeit
    Zuständig für ALG I, Nahtlosigkeitsregelung, berufliche Reha und Vermittlung
    ➤ Telefon: 0800 4 5555 00
    ➤ Website: www.arbeitsagentur.de

 

  • Jobcenter
    Zuständig für Bürgergeld, Übernahme von Wohnkosten, Eingliederungshilfen
    ➤ Suche nach deinem örtlichen Jobcenter: www.jobcenter.digital

 

  • Deutsche Rentenversicherung (DRV)
    Ansprechpartner für Erwerbsminderungsrente, medizinische oder berufliche Reha
    ➤ Telefon: 0800 1000 4800
    www.deutsche-rentenversicherung.de

 

  • Gesetzliche Krankenkasse
    Ansprechpartner für Krankengeld, medizinische Leistungen, Reha-Einleitung
    ➤ Kundenservice telefonisch oder über Kundenportal
    ➤ Bei Streitigkeiten: Widerspruch an die Krankenkasse, ggf. Sozialverband einschalten

 

  • Private Krankenversicherung / BU-Versicherung

       Zuständig für Krankentagegeld oder BU-Leistung bei privater Absicherung

       ➤ Ansprechpartner ist meist die Vertragsbetreuung / Leistungsabteilung
       ➤ Tipp: Bei Ablehnung BU-Leistung ggf. auf Versicherungsberater, Ombudsmann oder Anwalt zurückgreifen

 

 

🧑‍🦽 Teilhaberecht, Schwerbehinderung, Inklusion

  • Versorgungsamt / Landesamt für Soziales
    Zuständig für Antrag auf Schwerbehindertenausweis, Feststellung GdB
    ➤ Je nach Bundesland unterschiedlich organisiert

  • Integrationsamt (bei bestehendem Arbeitsverhältnis mit Behinderung)
    Unterstützung bei Konflikten mit Arbeitgeber, behinderungsgerechter Arbeitsplatz

🧑‍🎓 Weitere Hilfestellen (lokal / sozial)

  • Caritas / Diakonie / AWO / DRK
    Soziale Beratungsstellen für Hilfe bei Anträgen, Existenzsicherung, Notlagen
    ➤ Oft auch mit Schuldnerberatung und psychosozialer Unterstützung

  • Gewerkschaften (z. B. ver.di, IG Metall)
    Unterstützen Mitglieder bei Problemen mit Arbeitgeber, Krankenkasse etc.

  • Arbeitslosenzentren / Sozialberatungsstellen (in vielen Städten)
    ➤ Beratungsangebote speziell für Langzeitarbeitslose und Erwerbsunfähige

Literatur-Tipp zur Thematik:

"Vom Krankengeld zur Rente" - Sozialrecht verständlich erklärt. Der leicht verständliche Ratgeber von Christian Schultz. Experte für Krankengeld, Rente und Schwerbehindertenausweis

https://www.krankengeld-zur-rente.de/

​ACHTUNG: Die auf dieser Seite bereitgestellten Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Orientierung und stellen keine rechtliche Beratung dar. Trotz sorgfältiger Recherche übernehme ich keinerlei Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der Inhalte. Für verbindliche Auskünfte und individuelle Beratung wende Dich bitte an eine zuständige Behörde, Sozialversicherungsträger oder einen Fachanwalt für Sozialrecht.

 

 

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